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Unterschied: Inzuchtlinie und Sortenvermehrung bei Selbstbefruchtern?
#1
Ich habe mich in letzter zeit etwas mit genetik beschäftigt - natürlich höchst laienhaft, vielleicht auch deshalb die frage.
Jedenfalls komme ich irgendwie nicht weiter.
Bei fremdbefruchtern ist mir klar, wie ein inzuchtlinie entsteht, aber tomaten und bohnen sind ja selbstbefruchter. Das ist ja eigentlich schon inzucht, oder?
Wie züchtet man jetzt eine inzuchtlinie, sortiert man dann nur nach bestimmten merkmalen aus?
Vielleicht hat jemand auch eine literaturempfehlung.
Liebe Grüsse Petra
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#2
Hallo Nelly,
woher hast Du den Begriff "Inzuchtlinie" - aus welchem Kontext?
Unsere Fellnasen: Maja *15. Mai 2016 - Willi 15. Mai 2016 - 25. Juni 2017 - Felix * vermutlich September 2016

die Einstellung zum Tage zählt
wenn hier das positive fehlt
dann kann der Tag nichts Gutes bringen
und wird ganz einfach nicht gelingen

aus einem Gedicht von Wolfgang Weber
Meine Tauschgartenangebote
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#3
Aus der hybridzüchtung
Liebe Grüsse Petra
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#4
nellymaus,'https://www.tauschgartenforum.de/index.php?thread/17328-unterschied-inzuchtlinie-und-sortenvermehrung-bei-selbstbefruchtern/&postID=506117#post506117' schrieb:tomaten und bohnen sind ja selbstbefruchter.
Stimmt, aber eben nicht aussschließlich ...
Wenn ich das richtig verstanden haben, dann ist Voraussetzung für eine reinerbige Inzuchtlinie (bzw. die offizielle Anmeldung als Sorte mit dem entsprechenden gesetzlichen Schutz) eine 100%ige Selbstbefruchtung über mindestens 7 Generationen.
Ich muss also mindestens 7 mal
- Fremdbefruchtung ausschließen
- die entstandenen Samen Keimen lassen und zur Blüte bringen
bevor das Ergebnis als "reinerbige Inzuchtlinie" bezeichnet werden kann.
Ohne entsprechende Vorkehrungen des Züchters könnte auch Fremdbestäubung passieren (bei manchen Pflanzen eher als bei anderen)

Wenn ich eine solche Linie erzeuge, dann werde ich natürlich aus den Pflanzen der 7 Generationen immer eine Auswahl treffen, üblicherweise nach der besten Ausprägung der gewünschten Merkmale.
Dabei kann man aber davon ausgehen, das die Variabilität (also die Unterschiede zwischen den Individuen einer Generation) mit jeder Generation kleiner wird bis eben (spätestens bei der 7 . Generation) kein Unterschied mehr erkennbar ist.

Die Aktivität des Züchters besteht also aus zwei Punkten
- Ausschluss von Fremdbefruchtung
- Auswahl der Individuen für die Samen der nächsten Geration

In der gewerblichen Sorten-Erstellung erreicht man wohl (bei Pflanzen die in einer Vegetationsperiode Samen produzieren) 2 oder mehr Generationen pro Jahr indem man zwischen Nord und Süd-Halbkugel hin- und herwechselt, oder die Pflanzen in künstlicher Umgebung aufzieht um möglichst schnell die 7. Generation zu bekommen
Unsere Fellnasen: Maja *15. Mai 2016 - Willi 15. Mai 2016 - 25. Juni 2017 - Felix * vermutlich September 2016

die Einstellung zum Tage zählt
wenn hier das positive fehlt
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und wird ganz einfach nicht gelingen

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#5
Ich danke dir für deine ausführliche antwort. Das hat mir schon weitergeholfen.


Es ist schon pervers, was uns da inzwischen zugemutet wird mit diesen neuen zuchtmethoden, die zum grossen Teil sogar im labor und nicht mehr auf dem acker stattfinden - natürlich nicht ohne schuld des verbrauchers, der auf "schönes" obst und gemüse aus ist, ganz zu schweigen von den interessen der nahrungsmittelindustrie.

Sogar "bio" verzichtet nicht darauf, weil auch diese käufer nur gerade möhren wollen und keine "komisch" aussehenden, stacheligen gurken wollen...
Liebe Grüsse Petra
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#6
nellymaus,'https://www.tauschgartenforum.de/index.php?thread/17328-unterschied-inzuchtlinie-und-sortenvermehrung-bei-selbstbefruchtern/&postID=506128#post506128' schrieb:Es ist schon pervers, was uns da inzwischen zugemutet wird mit diesen neuen zuchtmethoden, die zum grossen Teil sogar im labor und nicht mehr auf dem acker stattfinden
Hi Nelly,

warum machen dir denn die Zuchtmethoden so große Sorgen?
Und vor allem, warum meinst du, dass das so neu sind?

Ich habe immer noch nicht verstanden, woher die Sorgen kommen. Und ehrlich, ich würde es so gerne mal begreifen.

Oft bin ich dann versucht zu fragen "magst du samenfeste Sorten?" - um dann bei einem "Ja" zu antworten, dass eine samenfeste Sorte praktisch eine Inzuchtlinie ist.

Ganz ehrlich, ich habe den Eindruck, dass im Internet einfach zu viele Halbwahrheiten verbreitet werden und die dann die Sorgen der Verbraucher erzeugen.

Lieben Gruß
Orlaya
Lieber Gruß
Orlaya

----------------------------------------------------
Nicht-wissen ist keine Schande, aber Nicht-wissen-wollen ist eine Schande.
Bauernweisheit
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#7
nellymaus,'https://www.tauschgartenforum.de/index.php?thread/17328-unterschied-inzuchtlinie-und-sortenvermehrung-bei-selbstbefruchtern/&postID=506128#post506128' schrieb:Es ist schon pervers, was uns da inzwischen zugemutet wird mit diesen neuen zuchtmethoden,
Hmm, so würde ich das auch nicht sagen - diese zuchtmethoden sind so alt wie der Anbau von Pflanzen und die Haltung von Tieren!
In dem Moment, in dem Menschen angefangen haben Pflanzen / Tiere unter ihrer Kontrolle wachsen und leben zu lassen, haben sie angefangen zu Züchten, indem sie ausgewählt haben welche Individuen Nachkommen erzeugen werden.
Daran ist nichts schlechtes!

Und wenn dann für gewerbliche Zwecke die Generationsfolge so kurz wie möglich gestatet wird, um schneller reinerbige Samen zu haben, dann ist das erst mal auch in Ordnung (zumindest so lange ohne z.B. Chemikalien im Spiel sind und nur die Umgebung optimal gestaltet wird).

Das ist mir zumindest wesentlich lieber, als Genmanipulation ....

Und wie Orlaya schon geschrieben hat:
Orlaya,'https://www.tauschgartenforum.de/index.php?thread/17328-unterschied-inzuchtlinie-und-sortenvermehrung-bei-selbstbefruchtern/&postID=506158#post506158' schrieb:Oft bin ich dann versucht zu fragen "magst du samenfeste Sorten?" - um dann bei einem "Ja" zu antworten, dass eine samenfeste Sorte praktisch eine Inzuchtlinie ist.
Ich würde sogar das Wort "praktisch" weglassen - "samenfest" heißt "reinerbige Inzuchtlinie", und für den Eigenanbau ist das eine tolle Sache - und eben nicht die Beutelschneiderei der F1 Hybriden, bei denen praktisch feststeht dass aus den Samen eben nicht wieder das Gleiche herauskommt.
und wenn das Ganze dann noch "Bio" ist, also voll biologisch gezüchtete Samenfeste Sorten - ich sehe nicht was daran schlecht sein soll
Unsere Fellnasen: Maja *15. Mai 2016 - Willi 15. Mai 2016 - 25. Juni 2017 - Felix * vermutlich September 2016

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#8
Orlaya,'https://www.tauschgartenforum.de/index.php?thread/17328-unterschied-inzuchtlinie-und-sortenvermehrung-bei-selbstbefruchtern/&postID=506158#post506158' schrieb:Hi Nelly,
warum machen dir denn die Zuchtmethoden so große Sorgen?
Und vor allem, warum meinst du, dass das so neu sind?

Ich habe immer noch nicht verstanden, woher die Sorgen kommen. Und ehrlich, ich würde es so gerne mal begreifen.

Oft bin ich dann versucht zu fragen "magst du samenfeste Sorten?" - um dann bei einem "Ja" zu antworten, dass eine samenfeste Sorte praktisch eine Inzuchtlinie ist.
Ich hab mich vielleicht nicht deutlich genug ausgedrückt. Ich weiß natürlich, daß die hybridzüchtung nicht neu.
Mein entsetzten bezog sich auch eher auf die anderen methoden, die gentechniknah sind, mir fällt gerade der name nicht ein
(die technik, bei der die männliche sterilität erreicht wird. Nur weil man nicht in die dna des zellkerns, sondern in die der mitochondrien eingreift, gilt das nicht als gentechnik. Das klingt zu mindest für mich nicht logisch.


Was die hybridzüchtung angeht: Wenn du meine eingangs erwähnte frage noch mal liest, ist es ja mein punkt gewesen, daß ich den unterschied von samenfester sorte und inzuchtlinie verstehen wollte.
Wenn ich @MiriamDorothee richtig verstanden habe, liegt der unterschied in der auslese, wobei man den genpool der pflanze immer kleiner macht, sodaß armselige pflanzen entstehen, die sich dann bei der kreuzung darüber freuen, endlich anderes genmaterial zu finden und dadurch tolle ergebnisse bringen.

Ausserdem finde ich es nicht gut - gelinde ausgedrückt - wenn bauern die möglichkeit genommen wird, ihr saatgut selbst zu produzieren. Ich weiß, daß das alles nicht neu ist, aber besonders auch im zuge des klimawandels wäre es gut, angepasste sorten zu haben.

Ich bin leider technisch nicht in der Lage zu verlinken Zopfie_schaem , aber ich habe auf You Tube ein sendung von Planet Wissen gesehen über kartoffelsorten gesehen, bei der u.a. ein bericht über bauern in den Anden gezeigt wurde, die nur noch wenige sorten anbauen und denen darum hunger droht.
Einige sind dabei umzudenken und bauen mehrere sorten an, sodaß sie auf jeden fall etwas ernten, denn die verschiedenen sorten haben ja unterschiedliche eigenschaften.


Ich habe auch geschrieben, daß ich mich laienhaft damit auseinander setzte, und ich möcht gerne abgleichen, ob ich die richtigen informationen sammle.
Liebe Grüsse Petra
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#9
nellymaus,'https://www.tauschgartenforum.de/index.php?thread/17328-unterschied-inzuchtlinie-und-sortenvermehrung-bei-selbstbefruchtern/&postID=506171#post506171' schrieb:liegt der unterschied in der auslese, wobei man den genpool der pflanze immer kleiner macht,
Nein, so habe ich das micht gemeint.
Ganz explizit: Für eine Samenfeste Sorte benötigt man Inzucht, das ist also das gleiche!
Denn nur durch Inzucht über mehrere Generationen erreicht man eben die EIgenschaft, der der "Samenfestigkeit".
Das eine ist also Bedingung für das andere.

nellymaus,'https://www.tauschgartenforum.de/index.php?thread/17328-unterschied-inzuchtlinie-und-sortenvermehrung-bei-selbstbefruchtern/&postID=506171#post506171' schrieb:wobei man den genpool der pflanze immer kleiner macht, sodaß armselige pflanzen entstehen
Man wird eben nicht "armselige" Pflanzen auswählen, sondern eben nach gewünschten Eigenschaften selektieren.
"Kleiner Genpool" heißt ja nicht "schlechte oder armselige Pflanzen", sondern eben nur weniger Variabilität (Unterschiede zwischen den Kinder-Pflanzen)

Das ist erst mal nichts schlechtes, so lange Populationen mit anderen Genen verfügbar sind, mit denen bei Bedarf (wenn z.B. andere Eigenschaften als bisher gewünscht / benötigt werden) wieder kreuzen kann um andere Eigenschaften zu kombinieren.

Eine Inzuchtlinie / samenfeste Sorte ist nur dann ein Problem, wenn der Anbauer Abhängig davon ist, oder die Eigenschaften den Anbauer abhängig von anderen Produkten des Lieferanten machen (Dünger / Pestizide)

ODER (noch viel schlimmer)

Wenn andere (im Extremfall ALLE anderen) Sorten verloren gehen, und damit die Möglichkeit verloren geht bei Bedarf neue Eigenschaftskombinationen zu züchten.
Das ist z.B. der Fall wenn Kleinbauern, die Jahrhunderte lang jeweils ihre eigene, an den Standort angepasste Sorte angebaut haben (übrigens jeweils eine eigene samenfeste Inzuchtlinie) und dann ein Lieferant alle dazu bringt stattdessen seine Kombination aus angeblich besonders ertragreicher Sorte + passende Dünger und Pestizide einzusetzen. Dann gehen nämlich alle einzlnen sorgfältig gezüchteten Einzelsorten verloren ...

Der Schlüssel besteht also darin, dass samenfeste Inzuchtlinien überhaupt kein Problem sind, so lange es genug verschiedene davon gibt um bei Bedarf mischen und neu züchten zu können



....
Oh mann, sorry für den Roman, ist aber irgendwie schwer zu erklären
Unsere Fellnasen: Maja *15. Mai 2016 - Willi 15. Mai 2016 - 25. Juni 2017 - Felix * vermutlich September 2016

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dann kann der Tag nichts Gutes bringen
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#10
Ok, ich habe das jetzt verstanden. Vielen dank!
Liebe Grüsse Petra
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